Wann lösen TM-Systeme menschliche Übersetzer ab?

03.09.2012 08:00 (0 Kommentare)

Die Angst vor computerunterstützter Übersetzung

Computerunterstützte Übersetzung
Computerunterstützte Übersetzung: Chancen und Gefahren für Übersetzer.

Immer mehr professionelle Übersetzer nutzen bei ihrer Arbeit ein TM-System, ein Translation Memory. TMs lassen sich den CAT-Systemen zuordnen, also der Computer Aided Translation. Dabei verfolgt ein TM-System allerdings nicht den Ansatz, dass eine Maschine eine komplette Übersetzung etwa von sich aus anfertigen könnte. Dieser Traum – für professionelle Übersetzer eher ein Alptraum – wird sich noch über viele Jahre hinweg nicht umsetzen lassen. Eine exakte semantische Interpretation von Wörtern, größeren Texteinheiten oder gar inhaltlichen Zusammenhängen gelingt Maschinen einfach noch nicht. Translation Memorys stellen vielmehr ein digitales Werkzeug dar, dass die Arbeit des Übersetzers vor allem in Hinblick auf Übersetzungsgeschwindigkeit, Terminologietreue und Terminüberwachung unterstützt.

Kundenspezifische Terminologie per Mausklick

TM-Systeme werden in der Praxis seit einem guten Jahrzehnt eingesetzt. Mittlerweile haben sich eine Reihe bewährter Systeme auf dem Markt durchgesetzt. Das grundlegende Funktionsangebot der unterschiedlichen Systeme unterscheidet sich nur wenig. Der Übersetzer hat die Möglichkeit, für eine Übersetzung ein Projekt anzulegen, die Sprachenrichtung festzulegen und das Projekt mit einem Kunden zu verknüpfen. Ein großer Vorteil besteht darin, dass dem Projekt ein bestimmtes Terminologiekorpus zugeordnet werden kann. In diesem Korpus befinden sich vorübersetzte Fachausdrücke, Teil- oder vollständige Sätze oder auch größere Texteinheiten. Das Korpus kann vom Kunden vorgegeben oder aus der bisherigen Arbeit des Übersetzers entstanden sein. Sobald der Übersetzer den Ausgangstext in sein TM-System hochgeladen hat, bietet das System passende Übersetzungsvorschläge aus dem Korpus an, so dass er sich nur noch um deren Relevanz im aktuellen Kontext sowie um die unübersetzten Passagen kümmern muss.

Steigende Investitionen bei sinkenden Honoraren

Einige Sprachmittler lehnen gleichwohl den Einsatz von TM-Systemen ab. Daran ist oftmals die Angst vor den zahlreichen Funktionen der Software Schuld, die eine zeitaufwändige Einarbeitung und eine konsequente Pflege erfordern. Auch die finanzielle Erstinvestition in ein TM-System stellt für manchen Sprachdienstleister eine hohe Hürde dar. Zahlreiche Übersetzer empfinden den durch den globalen Markt verursachten Druck auf die Übersetzungstarife, die Zeilen- und Wortpreise, als ein ernsthaftes Problem. TM-Systeme können dazu beitragen, diese existentiellen Probleme weiter zu verschärfen. Denn nicht gerade wenige Agenturen, die freiberufliche Übersezter in ihren Diensten haben, neigen dazu, vom System vorgeschlagene Übersetzungseinheiten, so genannte Matches, nicht zum vollen Tarif oder gar nicht zu vergüten. Dadurch kann die Marge der Dienstleister bedrohlich zusammenschrumpfen.

Ende des Konkurrenzkampfs in Sicht?

Dennoch leisten TM-Systeme nicht nur vor dem Hintergrund der Terminologiekongruenz wertvolle Dienste. Nur wenige Übersetzer können es sich leisten, ganz auf technische Hilfe zu verzichten. So besteht mittlerweile zwischen dem Marktführer Trados und seinen Mitstreitern Across, Déjà Vu, TransStudio, Multitrans, Wordfast, SDLX oder Transit ein harter Konkurrenzkampf. Für welches System sich der Dienstleister entscheidet, hängt neben den persönlichen Vorlieben vor allem von den Wünschen und Anforderungen seiner Kunden ab. Einige Sprachmittler arbeiten sogar parallel mit mehreren Systemen. OpenSource-Systeme könnten den TM-Markt zukünftig neu aufmischen. (cm)

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